Mensch, ärger dich doch nicht
Zu einer kleinen Zeitreise nach “früher” haben uns die Schülerinnen und Schüler des Prüfungskurses Jg. 12 der IGS Peine eingeladen. Aber was ist das: “früher”? Was ist “früher” für mich, dich, uns? Gibt es nur ein “früher”? Fragen, die den Kurs von Spielleiter M. Kunz ein ganzes Schuljahr lang beschäftigt haben. Fragen, die viele Menschen tagtäglich beschäftigen; nicht nur, wenn nach mehr Lametta gefragt wird.
Das Stück ist nicht zuletzt wegen dieses allgemeinen Lebensweltbezugs gelungen, eine Thematik, die jeden interessiert und jeden irgendwie tangiert. Egal, ob Opa davon redet, dass früher alles besser war oder Onkel Fritz zum zehnten Mal erzählt, dass die Jugend keinen Respekt mehr habe.
In einem tollen Spiel mit Bildern, Erinnerungen und Assoziationen zum eigenen und allgemeinen Verständnis von “früher” konnten die Spielenden die Zuschauenden begeistern und mitnehmen. Noch einmal Kind sein und vor der Konsole Sims oder am Handy Subway Surfer spielen, Toben wie in Grundschulzeiten. Darüber hinaus haben die Spielenden jedoch unter Beweis gestellt, dass sie mehr als nur Spiele aus der Kindheit wieder zum Leben erwecken können.
Sie haben biographische Elemente aus ihrer eigenen Kindheit und ihrem eigenen “früher” mit Recherchen aus dem Internet und Haltungen anderer Menschen verknüpft. Sie haben sich mit der Vergangenheit beschäftigt und sind der Frage auf den Grund gegangen, warum wir fast alle glauben, dass unsere Kindheit und unser “früher” schöner waren als das Heute. Sie sind zu dem Schluss gekommen, dass sie von uns nur positiv konnotiert werden, weil das Heute zu bedrohlich oder bedrückend erscheint: Retromanie. Das musste ich erst googeln. Etwas, das heute definitiv besser oder zumindest einfacher ist als “früher”. Aber nochmal zur Arbeit der Spielenden. Sie haben gesammelt, umgeschrieben, montiert und collagiert. Sie haben die imaginären Seile zwischen Zuschauenden und Bühnenhandlung fest in der Hand gehalten und den Zuschauenden so einen schönen Theaterabend und einen Ausflug in die eigene Kindheit bereitet.
Besim Enes Bicak
War früher wirklich alles besser?
„War früher wirklich alles besser? Und ist die Gegenwart wirklich so schlimm?“ Dieses Stück sprach mir und allen Zuschauer*innen aus der Seele, denn es gibt auf den ersten Blick keine eindeutige Antwort auf diese komplexen und vielseitigen Fragen.
Die Inszenierung des Prüfungskurses 12 der IGS Peine entführt die Zuschauer*innen auf eine fesselnde Reise durch ihre eigene Kindheit und die Jugend der älteren Generationen. Dabei werden unvergessliche Kindheitsspiele und berührende Momente der Hilflosigkeit bei fehlendem elterlichen Beistand thematisiert. Im Mittelpunkt steht der Konflikt zwischen den unterschiedlichen Generationen und die verschiedenen Arten, die Vergangenheit zu kompensieren.
Die Theatergruppe hat sich dazu entschieden, ihr Stück nur punktuell mit Musik zu untermalen. Passend hat diese humorvolle Szenen unterstützt und ansprechender gestaltet. Obwohl das LOT-Theater für die Gruppe fremd war, schaffte sie es, die Bühne voll auszunutzen und vielseitig zu bespielen.
Verschiedenste Requisiten werden genutzt, wie zum Beispiel sechs weiße Kisten, Schwimmnudeln, ein Radio, eine Schreibmaschine und drei Zeitungen. Besonders vielseitig wurden die Schwimmnudeln und die weißen Kisten eingesetzt. In einer Szene dienten die Schwimmnudeln beispielsweise als Lenkrad, während sie in der folgenden Szene als Wegweiser fungierten. Trotz der vielen Requisiten gab es keinen klar erkennbaren Schauplatz, was meiner Meinung nach sehr passend war, da der Schauplatz früher bzw. in der Kindheit ebenso unwichtig war.
Anders als üblich gab es im Stück keine Rollenverteilung oder eine kohärente Erzählung, sondern eine Aneinanderreihung verschiedener Szenen zum Thema Jugend. Die Kostüme waren dementsprechend einheitlich: klassische Holzfällerhemden, bunte Hosenträger und blaue Jeans. Die Kostüme passten perfekt zum ironischen Ton über die Jugend.
Dieser wurde in vielen Szenen deutlich. Meine Lieblingsszene war jedoch die, in der die Schauspieler*innen „Stadt, Land, Fluss“ spielten und die typischen Diskussionen des Spiels einbauten. Dabei entstanden unsinnige Kategorien und dumme Antworten der Mitspieler, was im Publikum für viel Freude sorgte.
Besonders gelungen war auch die Einbindung des Publikums. Dadurch wurde die vierte Wand durchbrochen und die Zuschauer hatten das Gefühl, selbst Teil des Stücks zu sein. In einer Szene wurden die Zuschauer beispielsweise dazu aufgefordert aufzustehen, wenn sie Brausepulver noch kannten. Es folgten weitere Aufrufe, bei denen man aufstehen sollten. Dadurch konnten sich alle im Publikum mit den Fragen identifizieren. Diese lustige Interaktion schaffte eine enorme Empathie zwischen den Zuschauer*innen und Schauspieler*innen.
Obwohl keine konkrete Geschichte erzählt wurde, gelang es dem Kurs hervorragend, Spannung aufzubauen. So wurde zu Beginn des Stücks die These „Früher war alles besser“ befürwortet, während im Finale in einem Gerichtsverfahren gegen die Jugend die These widerlegt wurde.
Letzten Endes beantwortet die Gruppe die Frage so: Die Jugend ist gar nicht so schlecht. Früher hatte man zwar weniger Verantwortung, aber durfte auch weniger. – Mein Fazit: Wenn man an Ungleichheit, Kriege, Hunger und Armut denkt, die das Leben früher viel stärker als heute prägten, kann man dem DS-Kurs aus Peine nur zustimmen.
Am Ende richteten sich die Schauspieler*innen kritisch an das Publikum und warfen eine abschließende Frage in den Raum: Wird die Vergangenheit vielleicht einfach nur positiver dargestellt, um nicht an der Gegenwart zu verzweifeln? Diese Frage entließ die Zuschauer*innen nachdenklich und regte sie an, ihre eigene Vergangenheit und ihre Taten zu hinterfragen.
Lydia Liebetanz (Schülerin 12. Klasse des Theodor-Heuss-Gymnasiums Göttingen)
Unterhaltsame Hinterfragung des Generationenkonflikts
Im LOT wurde das selbstverfasste Stück „Wann wird’s mal wieder richtig früher“ vom DS-Kurs 12 der IGS Peine vorgestellt.
„Früher oder Heute?“ wird das Publikum gefragt. Der Konflikt zwischen zwei Generationen und deren unterschiedliche Auffassungen zum „Gestern versus Heute“ werden unterhaltsam und gekonnt dargestellt.
Mit nur sechs Kisten, ein paar Schwimmnudeln, einem Radio und einer Schreibmaschine stellen die jungen Schauspieler-innen witzig und authentisch Kindheitsspiele wie zum Beispiel Fischer-Fischer, Subwaysurfer und Stadt-Land-Fluss dar. Das voll besetzte LOT-Theater mit einer Bühne, die nur wenige Meter vor den Zuschauern endet, trägt dazu bei, dass diese Spiele der Gen-Z auf das Publikum persönlich und unterhaltsam wirken. Mit passender Licht- und Tonkulisse wird man in nostalgische Stimmung und Erinnerungen an seine eigene Kindheit zurückversetzt.
In zahlreichen Szenen wird an Momente erinnert, die Kichern und Lachen bei den Zuschauern auslösen. So schildert zum Beispiel das Gespräch zwischen einer Großmutter und ihrer Enkelin einleuchtend die Unterschiede der jeweiligen Kindheitserlebnisse und liefert ein wohlbekanntes Beispiel aus dem Leben aller jungen Menschen im Umgang mit Großeltern, nämlich die Probleme mit der Technik. Meine persönliche Lieblingsstelle war ein Monolog an das Publikum, in dem einer der Schauspieler das Sandessen als eher fragwürdige Kindheitsaktivität hervorhebt. Die Schüler-innen der IGS Peine haben damit eine der wichtigsten und schönsten Aufgaben des Theaters erreicht und emotionale Reaktionen beim Publikum hervorgerufen.
Die Schauspieler-innen tragen einheitliche Kostüme, bestehend aus Jeans, einem Holzfällerhemd und grellen Hosenträgern. Geschickt überlegt lassen sich diese mehreren Generationen zuordnen.
Aufgrund der cleveren Gedichte über Kindheitserinnerungen und der Interaktion mit dem Publikum bleibt man als Zuschauer-in aufmerksam und gespannt.
Neben guter Unterhaltung liefert das Stück einen wichtigen Denkanstoß über die gefilterten Erinnerungen an unsere Kindheit und lässt einen daran zweifeln, ob „früher“ wirklich alles besser war als heute. Im Nachgespräch werden die Schauspieler-innen dazu erklären, dass für sie die Jugend von heute gar nicht so schlimm sei wie sie von älteren Generationen immer dargestellt werde und oft bleibe einem die Vergangenheit positiver in Erinnerung als sie gewesen sei.
Außer ein paar kleinen Momenten des Privatwerdens haben die Schauspieler-innen ihre Szenen fesselnd und unterhaltsam umgesetzt.
Marlene Francoli (Schülerin Klasse 12 des Theodor-Heuss-Gymnasiums Göttingen)