„Sag mir, Achill, wie weit wirst du gehen?“
Lauernd stehen sich die beiden gegenüber, jaulend nur und bedrohlich wummernd untermalt durch die verzerrte E-Gitarre (live auf der Bühne und grandios bedient von einer der Spielerinnen). Penthesilea, die wilde Amazonen-Königin und Achill, der große, griechische Held. Schon seit ihrer ersten Begegnung ist die Spannung spürbar – Liebe – oder Hass? Rausch der Gefühle, wallendes Blut, hallendes Herzklopfen.
Die 14 hoch engagierten Spielerinnen des Profilkurses Darstellendes Spiel vom Gymnasium am Fredenberg aus Salzgitter tauchen die Zuschauer im gut besuchten Kleinen Haus in ein Wechselbad der Gefühle. Wie sie sich umkreisen, manchmal wild angefeuert durch ihr jeweiliges Gefolge, manchmal angstvoll zurückgehalten. Nicht immer kann der Zuschauer unterscheiden, welche Gefährten gerade ihren Anführer / ihre Anführerin beeinflussen möchten. Sind es die Griechen, sind es die Amazonen? Und sind sie sich nicht eigentlich doch sehr ähnlich? Ähnlich in ihrem Blut- und Rachedurst? Ähnlich in ihrer Leidenschaft und ihrem Willen, bis zum Äußersten zu gehen? Geschickt werden Kostüme und Masken so eingesetzt, dass ein weißer oder schwarzer Kreidestrich auf der Haut genügt, um zu wissen, welche Rolle gerade gespielt wird. Durch den Einsatz eines Stimmenverzerrers werden die tiefen männlichen Stimmen verdeutlicht. Wilde Masken kennzeichnen den Kriegshunger – aber auch hier verschwimmen die Grenzen. Das ist wohl überlegte Bildsprache – gepaart mit ausgezeichneter Körperspannung und Choreographien, die am eindrucksvollsten wohl die Zuschauer*innen auf dem 2. Balkon erleben konnten.
Die wild mäandernden Arme der Krieger*innen erinnern teilweise an griechische Keramikmuster, die sich schließlich ineinander verschlingen. Der eine oder andere Griff an zur Herzgegend, wenn Schmerz oder Liebe verdeutlicht werden sollten, sei verziehen. Man will zur Ruhe kommen, man hat den Kampf auch satt. Denn er bedeutet schließlich doch – Tod.
Wenn am Ende Achill in den Armen von Penthesilea stirbt, dann hat diese nur eine Wahl, um doch noch mit dem Geliebten vereint zu sein. So gibt es auch nur die eine Antwort auf die eingangs gestellte Frage: „Sag mir, Achill, wie weit willst du gehen?“
Wie sagte eine der Spielerinnen beim anschließenden Publikumsgespräch so passend? „Die Grenzen müssen überschritten werden – nur dann ist es wahre Liebe!“
So feiern die Zuschauer am Ende eine Schauspieltruppe, die durch hohe Bühnenpräsenz und Spielfreude glänzen konnte. Und der eingangs beschworene Männerhass der Amazonen endete in versöhnlichen Tönen – denn auch das stellt der Tod wohl her – eine gewisse Gleichberechtigung!
Glückwunsch zu dieser gelungenen Aufführung!
Agnes Koller