Rezension zu „Die Bremer Stadtmusikanten“

 „Etwas Besseres als den Tod finden wir überall“ dachten sich Esel, Hund, Katze und Hahn; und machten sich auf den Weg, um ein selbstbestimmtes, freies Leben als Stadtmusikanten zu beginnen. Denn alt und schwach wie sie waren, wollten ihre Besitzer sie nicht mehr. Um dem sicheren Tod zu entfliehen, schlossen sich die Tiere zusammen, jagten eine Räuberbande in die Flucht und fanden ihr Glück in einer gemütlichen Hütte im Wald. Dort darf jeder nun so sein, wie er sein will und muss keinen fremden Ansprüchen mehr genügen: Die Katze darf Vegetarierin sein und muss keine Mäuse jagen, der Hahn darf so laut und so schief krähen, wie es ihm gefällt und Esel und Hund genießen ihren Ruhestand. 

Die Theater AG des Theodor-Heuss-Gymnasiums Göttingen erzählt das wohlbekannte Märchen mit vielen chorischen Elementen, liebevoll ausgestalteten Kostümen, großer Spielfreude und starker Bühnenpräsenz. 

Obwohl Handlung und Text sich häufig an der Grimm’schen Vorlage orientieren, schaffen die Spielerinnen unter der Leitung von Johanna Blum-Ozinga es, die mehr als 200 Jahre alte Erzählung frisch und modern darzubieten: Die Katze trägt Leo-Look mit Handtäschchen, der Hahn kommt im Businessanzug mit Hahnenkopf daher, die Räuber sind natürlich Räuberinnen, der missglückte Versuch den Hahn zu erdrosseln erinnert aufgrund der Vielzahl gelber Gummihandschuhe an Bilder aus modernen Schlachtbetrieben und sowieso, eigentlich ist die Urheberin der Grimm’schen Kinder- und Hausmärchen eine Frau, die Ruhm und Ehre aufgrund der damaligen gesellschaftlichen Umstände an Jacob und Wilhelm Grimm abtreten musste. 

Liebevoll gestaltete Scherenschnitt-Projektionen bilden das reduzierte Bühnenbild und sorgen für eine überzeugende Gesamtästhetik. (Lob an dieser Stelle an Christiane Oppermann für die gelungene Ausstattung.)

 Was bei der Darbietung der Göttinger aber am meisten überzeugt, sind die große Spielfreude, die Ausdrucksstärke und das professionell umgesetzte chorische Spielen und Sprechen. Alle Spielerinnen gehen in ihren Figuren wahrhaft auf, Privatheit oder gar Unsicherheit sind auf der Bühne nicht zu erkennen. 

Mit der großen Energie und Spielfreude der Spielerinnen hätte insbesondere das Verjagen der Räuberinnen aus ihrer Hütte vielleicht noch dynamischer in mehr Bildern und mit mehr Bewegung erzählt werden können, aber das ist angesichts der Botschaft, die das Märchen auch heute noch vermittelt, schnell verziehen: Zusammen sind wir stark! Nur gemeinsam lässt sich etwas erreichen! Und wie Esel, Hund, Katze und Hahn es eben nur gemeinsam schaffen, ihrem Unheil zu entkommen, schaffen es die Göttinger Spielerinnen auch vor allem durch ihr tolles Zusammenwirken als Ensemble, dem jungen Publikum eine kurzweilige Aufführung zu präsentieren, der sie konzentriert folgen konnten. 

 Lisa Degenhardt

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