Rezension zu „Was rappelt in der Kiste?“

Die Bühne ist schwarz. Die Kameraeinstellung ändert sich nicht, zeigt kompromisslos die ganze Black Box als Halbtotale in der Normalperspektive. Was gibt es noch zu sehen? Cajons, Schwimmnudeln und natürlich Spieler*innen.

Innerhalb dieses strengen Experimentierrahmens zeigen die Schülerinnen und Schüler der IGS Wallstraße ihr erstaunlich abwechslungsreiches und spannungsvolles Spiel. Unter besonderer Berücksichtigung der visuellen und der zeitlichen Ebene des Theaters gestalten die meist wechselnden Kleingruppen szenische Kompositionen mit spielerisch eingesetzten Kontrasten. Die feinen Abstimmungen zwischen Freeze und Bewegungsmomenten, Richtungswechseln und Raumanordnungen sowie der atmosphärische Lichteinsatz führen zu einer spannenden Theaterästhetik, die mitunter an große Theaterreformer*innen des frühen 20. Jahrhunderts erinnert. Dabei werden die Objekte ,Schwimmnudel‘ und ,Cajon‘ polyfunktional eingesetzt als Requisiten, Instrumente und gleichberechtigte Spielpartner.

Während die visuelle und zeitliche Ebene sehr klar und strukturiert abläuft, bleibt die Handlungsebene sehr assoziativ. Erzählungen von Bedrohung, Angst, Ritual, aber auch von Fitnessübungen und dem Alltag im Lockdown werden angerissen, bleiben aber gegenüber der starken theatralen Form zweitrangig.

Ein gewisses Manko des Videos ist die sehr leise Tonqualität, die die wenigen Spracheinsätze schwer verständlich macht, jedoch bleibt der nachhaltige Eindruck eines gelungenen Theaterexperiments bestehen, in welchem die Spieler*innen mit Körperspannung und Raumbewusstsein die ästhetisch-erzählerischen Möglichkeiten in der Beziehung zwischen Bühnenraum und Imaginationsraum sowie zwischen Mensch und Ding ausloten.

von Sebastian Schrader

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