Rezension zu „Fuckin Perfect“

„Fuckin´ Perfect“

16 Schüler*innen des Theodor-Heuss-Gymnasiums Göttingen schaffen trotz drückender Hitze einen beeindruckenden Abschluss der Schultheaterwoche an der Spielstätte des LOT-Theaters. Unter dem kraftvollen Titel „Fuckin´ Perfect“ arbeitete die Gruppe unter der Leitung von Claus Schlegel zu aktuellen Inhalten der Selbstoptimierung und der eigenen Identität. Losgelöst von klassischen Figurenkonzepten beruht das Stück auf einer thematischen Auseinandersetzung, in der versucht wird, verschiedene Aspekte eines zunehmenden Optimierungswahns zu beleuchten. Ausgehend von selbstkritischen Fragen wie „Bin ich gut genug?“, „Was ist wichtig?“ und „Wie kann ich jemanden lieben, wenn ich mich selbst nicht liebe?“ wird gezeigt, wie der moderne Mensch dem Drang verfällt, durch Schönheits-OPs, Sport, Ernährung und einen minutiös geplanten Tagesablauf einem utopischen Ideal hinterherzuhetzen. Interessanterweise wird der Optimierungswahn niemals direkt verurteilt, sondern sehr charmant ironisch kritisiert. Immer wieder wird dem Publikum in Szenen versprochen, dass alles „supergeil“ ist. Für besondere Belustigung im Publikum sorgen dabei Produktwerbungen, in denen am Stilmittel der Übertreibung wirklich nicht gespart wurde. Beworben wird mit eingängigen Jingels wie „Orange, Zitrone, Limette, Ananas“ und fraglichen Versprechungen wie „Wir machen Ärsche“. Gerade hier mag die größte Qualität dieser Inszenierung liegen. Die Gruppe nimmt sich selbst nicht zu ernst, übertreibt beim Hinterngewackel maßlos, tritt teilweise in clownesken aufgeblasenen Bodysuits auf und schafft so eine ironische Distanz zu den Inhalten, die einen erhobenen Zeigefinger überflüssig machen. Die Kritik, die denkt sich das Publikum hier schon selbst. Die Gruppe schafft es, die Kraft des Titels „Fuckin´ Perfect“ mit in ihr Stück zu übernehmen. Besonders chorische Bewegungselemente und Standbilder zeichnen dieses Stück aus. Einige Spieler*innen glänzen dabei durch eine beeindruckende Körperspannung und Konzentration, welche das Stück neben kraftvoller Musik tragen und die Zuschauer*innen mitnehmen. Abschließend verbleibt die Gruppe mit dem Versprechen „Ich werde mich nicht ändern“ und „Ich selbst zu sein“ und versprüht dabei ein glaubhaftes Selbstbewusstsein.

Wir danken der Gruppe für die weite Anreise und versprechen dem kommenden Publikum in Göttingen: Geht hin, es wird „supergeil!“

Daniel Tiemerding

Entdecke mehr von

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen