Höllenspektakel
Die Corona-Pandemie führt zu hitzigen Diskussionen über Solidarität. Ein Beispiel hierfür ist das Absetzen der Masken, ältere Personen empfinden dies oft als unsolidarisch, da sie meist einen schweren Verlauf befürchten. Auch die Diskussion über sogenannte ,,Impfvordrängler” ist hier zu nennen.
Egoismus und die daraus resultierende Entstehung einer Ellenbogengesellschaft, in welcher jeder ohne Rücksicht auf Verluste für sich kämpft, wird unter anderem von dem Stück ,,Hell“ auf eine ganz eigene Art behandelt.
Hier sind Rassisten und Egomanen Figuren, welche die Atemluft, die knapp ist, stehlen und dafür in die Hölle kommen. Die Hölle droht durch diese Zunahme überzulaufen. Der Spannungsaufbau erfolgt, während die Täter die unterschiedlichen Höllen durchlaufen müssen, die Spannung fällt ab, als diese wieder zurück auf Erden sind und ihre menschliche Gestalt zurückerlangen.
Die 12. Klasse des Theodor-Heuss-Gymnasiums Wolfsburg stellt diese Hölle mithilfe von rotem Licht dar, Stimmenverzerrer tragen dazu bei, dass eine passende Atmosphäre für das Stück geschaffen wird. Die Inszenierung setzt sich aus vielen kleinen Szenen zusammen, diese sind als solche meist gut verständlich. Allerdings ist es an einigen Stellen nicht einfach, die Einzelszenen mit der Rahmenhandlung zu verknüpfen.
Da es sich um die Inszenierung einer Schulklasse handelt, ist die schauspielerische Authentizität gewohnt unterschiedlich, zu großen Teilen aber sehr überzeugend. Der Einsatz von Mimik und Gestik, um die verschiedenen Gefühlslagen auszudrücken, ist beeindruckend. So werden Jähzorn, Hass, Verzweiflung auf den Zuschauer übertragen. Das Sprechtempo sowie die Sprechweise sind durchweg passend und unterstützen den Handlungsverlauf. Besonders zu erwähnen ist hier Minute 13:00 -13:45: der Einsatz verschiedener Perspektiven und Effekte verleiht der Stelle einen hohen Authentizitätsgrad und auch die Sprecherin trägt ihren Text gekonnt und fesselnd vor.
Die Einbindung der Zuschauer in die Handlung mittels Sprechen zur Kamera, verleiht dem Stück einen ganz eigenen Charakter und zwingt den Zuschauer, über sein eigenes Verhalten zu reflektieren. Er wird in einigen Sequenzen als Täter angesprochen und wird damit automatisch selbst zu einem Teil der Handlung.
Auch ein Appell wird an das Publikum gerichtet, dieses kann das Theaterstück also hautnah miterleben und sich selbst mit einbeziehen.
Weiter lässt sich feststellen, dass die Szenerie stark variiert und so die einzelnen Räume und Handlungen visuell erkennbar für den Zuschauer getrennt werden. Die Klavierszenen verleihen dem Stück eine deutliche Dramatik. Auch der Einbau von Gesangselementen ist als gelungen zu bezeichnen, so wird Abwechslung in die chronologisch verlaufende Handlung gebracht.
Die Eingangsszene ist ein wesentliches Element, um die weitere Handlung erschließen zu können. Anfang und Ende des Stückes unterscheiden sich allerdings wesentlich voneinander und es erfolgt ganz am Ende kein Rückbezug auf die Anfangsszene. Das Ende kann vielseitig interpretiert werden.
Die filmisch-theatral gemischte Inszenierung ,,Hell“ stellt aufgrund der genannten Gründe ein sehenswertes Stück dar, welches besonders von den vielen unterschiedlichen Ausdrucksmitteln lebt und einen moralischen Anspruch behauptet.
Johanna, Schülerin des THG Göttingen
Menschen werden zu Bestien
Die aktuelle Corona-Pandemie treibt viele Menschen in Angst und Verzweiflung und bringt vielerorts auch die wahren, egoistischen Charaktere der Menschen ans Licht. Mit diesem Thema setzt sich der DS-Kurs des zwölften Jahrgangs des Theodor-Heuss-Gymnasiums aus Wolfsburg in seinem ca. 27-minütigen Stück „Hell“ auseinander.
In ihrem Stück geht es im Wesentlichen darum, dass, bedingt durch das Virus, der Untergang der Welt bevorsteht und die Menschen in pure Verzweiflung und Wahnsinn verfallen. Es entsteht ein Konkurrenzkampf ums schiere Überleben. Die Gewinner sollen dabei diejenigen sein, die die Tests des Kneipenwirts der Vorhöllen-Bar bestehen. Alle anderen sollen als Sünder in die Hölle kommen und entwickeln sich im Laufe des Spiels zu wahren Bestien. Zudem wird immer wieder die Frage nach der Schuld gestellt, wobei beispielsweise der Glaube, die Wolllust oder auch die Chinesen als Schuldige angeprangert werden.
Besonders gelungen ist der Anfang des Stücks. Durch die „Nachrichtenreportage“ wird den Zuschauern ein leichter Einstieg ermöglicht, sodass sich dieser anschließend leichter orientieren und auf den Inhalt konzentrieren kann.
Die gewählten Schauplätze sind sehr passend zu dem Thema des Stücks, da sie durch ihre düstere, verlassene Wirkung dessen Aussage gut unterstützen. Das wird noch durch dunkle Lichteinstellungen oder unheimlich wirkende Farbfilter verstärkt. Gleichzeitig sind auch die Kostüme gut gewählt. Die Schüler treten in Alltagsklamotten auf, tragen zusätzlich aber Accessoires wie Warnwesten, Henkersmasken, Narrenmasken oder auch Taucherbrillen, um den Wahnsinn und die Grausamkeit, die die Menschen erfasst haben, darzustellen.
Eben dieser Wahnsinn und auch diese Grausamkeit werden sehr gut durch die Darstellung der Schauspieler*innen vermittelt. Durch eine sehr ausdrucksstarke Mimik und Gestik und durch eine intensive Betonung der Wörter wird ihre Wirkung sehr gut auf den Zuschauer übertragen. Besonders gelungen sind hier auch die direkten Ansprachen der Zuschauer*innen, womit diese in das Stück einbezogen werden und den „Grusel“ besser nachempfinden können. Teilweise stellt sich an manchen Stellen jedoch durch die Tatsache, dass jeder versucht, seinen Passagen so viel Ausdruck wie möglich zu verleihen, eine leichte Monotonie ein. Diese wird allerdings an anderen Stellen, vor allem auch durch den Gesang am Klavier am Ende des Stücks, wieder aufgehoben. Der Gesang bietet nämlich das perfekte Gegenstück zum vorangegangenen Spiel. Zwar ist auch sein Inhalt ähnlich, jedoch verbreitet er eine ruhige Stimmung und auch die Melodie wirkt, im Gegensatz zu der vorangegangenen Hektik und Aggression, beruhigend und eher traurig. Genau durch diese Melodie – die auch an einigen anderen Stellen des Stücks zum Einsatz kommt – wird ein abstrakt wirkender Gegensatz gebildet, der das Interesse des Zuschauers weckt und den Wahnsinn betont.
Das Stück endet schließlich erneut mit einer Nachrichtenreportage, die weiteres Unglück vorhersagt und im Hinblick auf den Aufbau des Stücks für eine gelungene Abrundung sorgt.
Trotz des erst sehr abschreckenden Inhalts, gelingt es dem Stück am Ende dennoch, im Kopf des Zuschauer*innen zu bleiben, da es, wenn auch sehr übertrieben dargestellt, tatsächlich Parallelen zu unserer Gesellschaft und ihrem Umgang mit der Pandemie aufweist und so zum Nachdenken anregt.
Elisa, Schülerin des THG Göttingen