Zuerst hört man nur schwere Schritte, die durch den Schnee stapfen und lautes Atmen. Klavierspiel setzt ein und wir werden entführt in eine wunderschöne Winterlandschaft. Eine Erzählerstimme berichtet von einem Winterspaziergang mit ihrem Hund. Ruhe und Entspannung werden förmlich fühlbar gemacht, denn nicht nur die Stimme hat etwas Beruhigendes, auch die Geräusche des Waldes, Vogelgezwitscher und knirschender Schnee tun ihr Übriges. Eine kleine Auszeit aus dem (Corona?)-Alltag, bei der jedoch auch Spannung und Abenteuer nicht fehlen dürfen, als plötzlich ein Rehbock aus dem Dickicht hervorbricht und der treue Begleiter auf vier Pfoten außer sich gerät. Geschickt gelingt ein Perspektivwechsel und wir erfahren auf einmal, wie der Hund diese Szene sieht und vor allem – erfühlt und „erriecht“. Frauchen muss ja schließlich verteidigt werden….Durch unterschiedlichen Stimmeneinsatz wird diese perspektivische Veränderung noch einmal eindrucksvoll verstärkt.
Der Prüfungskurs der 12. Jahrgang des CJD in Braunschweig hat sich während des Corona-Lockdowns, als praktisches Theaterspiel in einer Gruppe nicht möglich war, mit anderen Theaterformaten beschäftigt und ist dabei auf die Möglichkeiten von Hörspiel und Podcast gestoßen. Sehr präzises und genaues Vertonen der selbst geschriebenen, kurzen Geschichten für Kinder erfordert genaues Einfühlen – zunächst in die Kleinen, die man für diese Geschichten begeistern möchte. Danach muss der Weg abgeschritten, die Geräusche wollen wahrgenommen werden. Genaue Detailplanungen der Aufnahmen erfordern weitere Geduld und technisches Fachwissen von Mikrofoneinsatz im Außenbereich bis hin zum erforderlichen Schnittprogramm für die Postproduktion. Ein dickes Lob für die Schüler*innen, die alle diese Schwierigkeiten im Selbststudium und Fernunterricht bravourös gemeistert haben.
So sei die/der geneigte Leser*in herzlich eingeladen, sich auf Weltreise mit dem kleinen Kätzchen Hugo zu begeben, einer Familie bei ihren morgendlichen Frühstücksritualen zuzuhören, ein gefährliches Spiel mit dem Feuer zu erleben (bei dem man den brennenden Schuppen nicht nur hören, sondern mit etwas Phantasie sogar riechen und die vorgetäuschte Unschuld fühlen kann) und am Ende auch noch einen treuen Ackergaul auf seinem letzten Weg zu begleiten– aber – soviel sei verraten – doch noch mit einem Happy End.
Ein spannendes Kurzformat (5 x 5 Minuten), mit viel Leidenschaft, Fleiß, Geduld und vor allem Einfühlungsvermögen umgesetzt. So spricht Theater einmal nicht vornehmlich das Sehen, sondern eben das Hören, aber auch das Gefühl und den Geruch an – ein ausgesprochen sinnliches Vergnügen. Und wer kleine Kinder, Geschwister oder Enkel hat, kann mit dieser Podcastreihe das abendliche Vorleseritual aufs Trefflichste bereichern.
von Agnes Koller