Ophelia, wer ist eigentlich Ophelia?
Selbst wenn man diese Frage zu Beginn des Stückes nicht beantworten kann, sollte man dran bleiben!
Der 13’er Darstellendes Spiel Kurs der Sally-Perel-Gesamtschule unter der Leitung von Daniel Tiemerding nimmt sich hierbei einer beeindruckenden Frauenfigur aus dem Shakespeare Drama „Hamlet“ an und begrüßt die Zuschauer*innen zunächst im schuleigenen Bühnenraum.
Mit einem Wechsel zwischen persönlichen und dokumentarischen Eindrücken zu Ophelias Bedeutung und Wirkung sowie stimmungsvollen und nahegehenden Atmosphären, die über Tanz vermittelt werden, gelingt es dem Ensemble, das Schicksal Ophelias den Zuschauer*innen nahezubringen und mit aktuellen gesellschaftlichen Aspekten aufzuzeigen, dass die Beschäftigung mit Ophelia keineswegs zum alten „Eisen“ gehört. Besonders das Thema der sexuellen Gewalt und die schonungslose Offenlegung der eigens gemachten Erfahrungen gehen hierbei unter die Haut.
Mitunter besonders hervorzuheben ist die darstellerische Leistung von Mia Becker, die beeindruckend die Rolle Ophelias einnimmt und ihr Leid widerspiegelt.
Trotz der Herausforderung einer reinen Videoproduktion, schafft es der Kurs mit einem Wechsel von Farbstimmungen der Bilder, den Schnitten und Musikeinspielungen eine durchgehende Dynamik des Stückes zu halten und mit den Schlusssätzen die weitere Beschäftigung des Zuschauers mit Ophelia aufrecht zu erhalten:
„Ich war nie nur Hamlets Geliebte, ich war immer Ophelia. Wir sind alle Ophelia!“
von Franziska Teine
Wir alle sind Ophelia
Das Stück „Ophelia“ spricht viele wichtige Themen an, welche es nicht nur in früherer Zeit, sondern auch heute noch gibt und über die zu wenig gesprochen wird.
Die Gruppe der IGS Sally-Perel-Gesamtschule in Braunschweig setzt sich mit Problemen wie Unterdrückung, Ungleichheit, Depression, sexueller Gewalt und anderem auseinander. Das selbstverfasste Stück bezieht den Charakter Ophelia aus „Hamlet“ mit ein und nutzt diesen als Leitfaden der Aufführung. In dem Video der Gruppe, welche aus zehn Schauspieler*innen besteht, werden persönliche Erfahrungen mit eingebracht, welche zu den genannten Themen passen, – was ich bewundernswert finde, da sie den Mut zu haben, so etwas zu erzählen, was nicht einfach ist.
Die Schauspieler*innen stellen die jeweilige Rolle gut dar, indem sie ihre Kostüme an die jeweilige Situation anpassen: geht es generell um Menschen oder soll ein Gruppengefühl zum Ausdruck kommen, sind die Schauspieler*innen schwarz gekleidet. Geht es jedoch um die Person selbst oder eine konkret gezeigte Figur, trägt diese etwas Individuelles, um den Charakter widerzuspiegeln.
Passend und gut zur Unterstützung der Stimmung tragen die angewandten Effekte bei, beispielsweise das Echo der Stimme beim Übergang.
Die Drehorte sind unterschiedlich gewählt und unterscheiden sich so voneinander, dass sie immer gut zu dem Gesprochenen passen, sei es in der Schule, in der Aula, bei jemandem Zuhause oder im Park.
Auch wenn man am Anfang beim chorischem Sprechen nicht alles gut verstehen kann, ist der übrige Teil der Produktion klar verständlich.
Die Wichtigkeit der behandelten Themen wird überaus deutlich und es wirkt so, als lägen die ganzen Probleme, die angesprochen werden, den Schauspieler*innen wirklich nahe. Sie setzen sich engagiert dafür ein, dass Belästigung, Ungerechtigkeit und Gewalt keine „Tabuthemen“ mehr sind und es in Zukunft gelingt, offen darüber zu reden und etwas dagegen zu unternehmen.
Die beiden letzten Abschlusssätze des Videos („Ich war nie nur Hamlets Geliebte, ich war immer Ophelia“ und (chorisch gesprochen) „Wir alle sind Ophelia“) sind bedeutungsvolle Aussagen. Der erste der beiden Sätze drückt aus, dass Ophelia nicht nur jemand ist, die zu jemandem gehört, sondern eine eigene, unabhängige Person, die es genauso verdient hat beim Namen genannt zu werden wie Hamlet. Wie oft sagt man gedankenlos „das ist doch die Frau/ Geliebte von X“, ohne zu realisieren, dass sie eine eigene Persönlichkeit hat.
Meiner Meinung nach ist es diesem Prüfungskurs aus Braunschweig gut gelungen, wesentliche Erkenntnisse weiterzugeben und den Zuschauer*innen konkret zu übermitteln, was sie ausdrücken wollen. Ich finde es wichtig, dass über solche Themen auf diese Weise gesprochen wird.
von Alexandra, Schülerin des THG Göttingen
Eindrucksvoll und emotional
Sexuelle Gewalt, Unterdrückung, Diskriminierung von Frauen – allesamt aktuelle Themen, die die Gesellschaft beschäftigen und welche in dem Kurzfilm Ophelia behandelt werden. Dieser selbstverfasste 18-minütige Film wurde von dem Prüfungskurs (des 13. Jahrgangs) der IGS Sally-Perel-Gesamtschule Braunschweig im Rahmen der Braunschweiger Schultheaterwoche produziert.
Hierbei wird Ophelia, die Geliebte von Hamlet, in den Vordergrund gerückt, da diese in der Tragödie „Hamlet“ von William Shakespeare lediglich in einem Nebensatz stirbt. Sie wurde nicht gehört und unterdrückt.
Doch hat sich die Rolle der Frau heutzutage geändert?
Die Verbindung der Geschichte Ophelias mit den Erfahrungen verschiedener Frauen und Männern und den Gesangs- und Tanzeinlagen, machen den Film interessant und geben den Zuschauer*innen einen Einblick in das Leben von unterdrückten Minderheiten.
Immer wieder werden kürzere Videos mit Interpretationen von Ophelia und eigenen Erfahrungen mit sexueller Belästigung vor dem Hintergrund der Geschichte der Ophelia eingebunden. Die Schauspieler*innen sprechen sehr ruhig und konzentriert, während sie ihre individuellen Geschichten und Interpretationen erzählen. Ophelia gewinnt dabei für jeden eine andere Bedeutung, wie Figur und Rolle zu interpretieren sind, bleibt jedem selbst überlassen.
Die Schauspieler*innen nutzen verschiedene Bühnenräume, vor allem, weil der Großteil der Videos einzeln gefilmt wurde. Somit entsteht eine Vielfalt an Spielorten – wie Felder, Häuser, Schule, private Innenräume, eine Badewanne, eine Dusche usw. Die Bühne selbst, vor welcher vor allem Tanzeinlagen vorgeführt werden, wird je nach Szene in verschiedenen
Farben angestrahlt. Die gefühlvolle, sinnlich und instrumentale Musik lässt die Szenen zusätzlich eindrucksvoller und emotionaler erscheinen. Tanzeinlagen enden im Freeze.
Vor allem das Ende ist sehr eindrucksvoll und lässt die Aussage des Films deutlich werden. Die Schauspieler*innen haben rote Farben an den Händen und führen diese über ihre Körper. Dies zeigt, wie sie von anderen Menschen unangenehm beeinflusst, berührt und kontrolliert wurden. Das Lied, welches parallel live vorgeführt wird, handelt von einem Mädchen, welches von den Fesseln der Menschen ihrer Stadt entfliehen und endlich sie selbst sein will, ohne dass sie ständig hierfür verurteilt wird.
Am Ende sagen alle miteinander den Satz „Wir sind alle Ophelia“, womit verdeutlicht wird, dass alle schon einmal mit Verurteilung zu kämpfen hatten, auf etwas reduziert wurden, Ungerechtigkeit erlebt haben und wie Ophelia nicht wahrgenommen und als wichtig empfunden wurden, obwohl sie nicht nur Hamlets Geliebte ist, sondern eine eigene Person, eine Frau, die genauso wichtig ist und gehört werden sollte.
Das Stück behandelt eindrucksvoll die heute noch bestehenden Probleme der Emanzipation und Gleichberechtigung innerhalb der Gesellschaft. Diese Probleme hat die Theatergruppe der IGS stilistisch sehr gut dargestellt und die Gefühle von Frauen und Mädchen werden den Zuschauer*innen mithilfe von gefühlvollen Liedern, aber auch durch Bewegungen und Worte authentisch übermittelt: ein gelungenes und emotionales Stück!
von Greta, Schülerin des THG Göttingen