Hat die etwa Extensions?!
Wie betreffen die vielschichtigen Unsicherheiten das einzelne Individuum? Kann man selbst verhindern, nicht von diesen unterdrückt und gefesselt zu werden, sondern an ihnen zu wachsen? Der Prüfungskurs des 12. Jahrgangs im Darstellenden Spiel des Phillip Melanchthon Gymnasiums Meine verfasste unter der Leitung von Sabrina Draht eigenständig das 32 Minuten lange Theaterstück „Hast du? (Sie auch?)“.
Während zu Beginn der Vergleich und die Kritik zwischen den Charakteren eskaliert, werden einzelne Charaktere aus der Hauptgruppe ausgeschlossen. Anschuldigungen wie „Hat die etwa Extensions?!“ oder „Hat die etwa Push-Up?!“ sorgen für eine kleiner werdende Gruppe. Auch der geformte Kreis um einen Charakter, welcher bei erhaltenen Komplimenten von Außenstehenden diese in der Runde wiederholt und sie in Kritik umdeutet, verdeutlicht die resultierende Unsicherheit der Charaktere stark.
Der Höhepunkt des Stücks drückt die verzweifelnde Selbstkritik und innere Hoffnungslosigkeit aus. Ein Charakter scheint von den anderen in einen Albtraum gedrängt zu werden, woraufhin die Verzweiflung und Isolation dieser Figur im Mittelpunkt steht. Aussagen wie „Ich werde nie, niemals gut genug für sie sein!“ werden auf der düsteren Bühne ausgerufen. Der Albtraum wird mithilfe von abgedunkeltem sowie blauem Licht gezeigt.
Gegen Schluss hin wird mithilfe der Symbolik des Wiedererwachens aus dem Albtraum und mit Hilfe eines Spiegels die Wiederentdeckung des eigenen Selbst wie durch fremde Augen dargestellt. Zudem endet „Hast du? (Sie auch?)“ mit der freien und synchronen Bewegung zu einem wahrscheinlich selbstkomponierten und selbst gesungenen Song. Der harmonische Tanz erweckt den Einfluss von gefundener Toleranz und innerer Ruhe.
Durch die einheitlichen Kostüme, welche von den neun Schauspielerinnen getragen werden, eines weißen Oberteils, einer schwarzen Hose und schwarzen Tüchern, um das rechte Handgelenk gebunden, wird der Konflikt der Unsicherheiten hervorgehoben. Zudem ist die Symbolik des Spiegels ausgezeichnet gelungen, da der Zwiespalt der Charaktere und die Auseinandersetzung mit den inneren Konflikten dadurch zum Ausdruck gebracht werden.
Die Masken, welche aufgrund der Hygienemaßnahmen bei der Aufführung von den Schauspielerinnen getragen werden, erschweren leider teilweise das Verständnis mancher Aussagen sowie der Mimik. Ein Kritikpunkt bei der Umsetzung bezieht sich auf die Zusammenstellung der Gruppe, welche etwas zu homogen wirkt. Zu wünschen wäre mehr Repräsentation, beispielsweise durch männliche Schauspieler, da dies das Stück interessanter machen würde und ein breiteres Publikum anspräche. Auf der anderen Seite ist die Schauspielleistung und die Darstellung der Rollen sehr gut gelungen, beispielsweise dank der emotionalen Sprechweise und Gestik.
Das zentrale Thema des Stücks ist demnach der allgegenwärtige innere Konflikt, verursacht durch Fremdbestimmung und die eigenen Erwartungen an sich selbst, sowie schlussendlich die Akzeptanz der eigenen Individualität.
Ein emotionales Thema, mit welchem sich die Zuschauer identifizieren können sowie die überlegte Ausführung und Zusammenstellung verbinden sich zu einem überzeugenden und gelungenen Theaterstück!
von Aline, Schülerin des THG Göttingen